Ein sehr informativer und interessanter Artikel über das Für und Wider der Kastration - zusammengestellt von der ECA-Hauptzuchtwartin Frau Evelyn Gaber:

 

Kastration beim Hund - ja oder nein?
Medizinische Notwendigkeit oder Bequemlichkeit?
Ein stark diskutiertes Thema.
Wann macht die Kastration Sinn und wann nicht?
Ist sie durch das Tierschutzgesetz erlaubt?
Verändert sich der kastrierte Hund?
Werden durch eine Kastration alle unerwünschten Verhaltensweisen „weggeschnitten“?
Der Eingriff ist laut Tierschutzgesetz verboten, außer es liegt ein medizinischer Grund vor.
Die Amputation von Körperteilen bei Wirbeltieren ohne medizinischen Grund ist verboten!
Das bedeutet, dass ein Tier keinesfalls aus reiner Bequemlichkeit heraus kastriert werden
darf.
Die Kastration ersetzt auch nicht die Erziehung des Hundes und ist auch kein Allheilmittel.
Auch Rangordnungsprobleme zwischen Hund und Besitzer können nicht durch eine
Kastration gelöst werden.
Frühkastrationen
Der gegenwärtig zu beobachtende Trend zur Frühkastration ist sehr besorgniserregend.
Von einer Frühkastration spricht man, wenn bereits vor Ende der Pubertät (bei Hündinnen
vor der ersten Läufigkeit) kastriert wird. Der Trend kommt aus den USA, wo diese Praxis
an der Tagesordnung ist. Dabei entstehen vor allem negative Folgen für die Hunde.
Die betroffenen Tiere können aggressiver gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen
werden und sind insgesamt unsicherer. Auch ihre geistige Leistungsfähigkeit ist noch nicht
voll ausgereift, da sich das Gehirn unter dem Einfluss der Sexualhormone in der Pubertät
nochmals weiterentwickelt. Deshalb bleiben sie in der körperlichen Entwicklung zurück
und werden nie richtig erwachsen.
Körperliche Nebenwirkungen der Frühkastration können sein:
* Wachstumsstörungen oder -verzögerungen: Durch den Hormonschub in der Pubertät
wird das Längenwachstum der langen Röhrenknochen abgeschlossen. Sind in diesem
Entwicklungsstadium die entsprechenden Hormone in zu geringer Menge vorhanden,
kann es je nach Rasse zu Größenwachstum oder Kümmerwachstum kommen.
* Anfälligkeit für Skeletterkrankungen: Beim Rüden werden die Muskeln durch den Mangel
des Sexualhormons Testosteron schwächer ausgebildet, dadurch wird das Bindegewebe
stärker beansprucht, was die Anfälligkeit für Erkrankungen des Bewegungsapparates
erhöhen kann. Bei Hündinnen kann es zu Mineralstoffwechselstörungen und sogar zu
Knochenveränderungen kommen. Einer Studie zufolge erkranken kastrierte Hunde
beiderlei Geschlechts häufiger an Knochenkrebs als unkastrierte.
Häufig wird geraten, Hündinnen vor der ersten Läufigkeit kastrieren zu lassen, um
Gesäugetumoren vorzubeugen.
Mammatumore sind jedoch längst nicht so häufig, wie es oftmals behauptet wird.
Außerdem können Mammatumore auch bei kastrierten Hündinnen hormonunabhängig
auftreten.
Kastration beim Rüden
Es gibt leider immer wieder Hundeschulen und auch viele Tierärzte, die eine Kastration
des Rüden bei unerwünschtem Verhalten empfehlen. Doch viele Probleme, die mit dem
Sexualhormon Testosteron in Verbindung gebracht werden, lassen sich durch eine
Kastration überhaupt nicht beeinflussen wie z.B.: Jagen, Wachsamkeit, Angstaggression,
Dominanzprobleme (hier geht es um die Beziehung Hund - Halter und nicht um die
Hormone des Hundes).
Eine Kastration beim Rüden ist nur angezeigt bei körperlichen Erkrankungen wie:
* Hodentumore
* Prostataerkrankungen
* nicht ausheilende Vorhautentzündungen
* Kryptorchismus (nicht vollständig abgestiegene Hoden können zu Tumorbildung neigen)
Kastration bei Hündinnen
Medizinische Gründe für eine Kastration bei Hündinnen sind:
* Gebärmuttereiterung (Pyometra)
* Gesäugetumore
* Probleme im Zusammenhang mit der Scheinträchtigkeit
Die Scheinträchtigkeit ist für die Hündin normal. Sie liegt in der Natur des Hundes.
In einem Wolfsrudel wird nur die Alphawölfin gedeckt. Damit aber die Jungen optimal
versorgt werden können, werden die anderen Wölfinnen scheinträchtig, bilden Milch und
können die Welpen mitversorgen.
Das ist natürlich bei einem Familienhund nicht der Fall und deshalb kann es bei immer
wieder auftretenden Scheinträchtigkeiten zu starken hormonellen Veränderungen
kommen. Das wäre ein Grund zur Kastration.
Wer allein wegen der Unannehmlichkeiten in der Läufigkeit seine Hündin kastrieren lässt,
der verhält sich vor allem tierschutzwidrig. Zum Lebewesen Hund gehören sein
geschlechtsspezifisches Verhalten und seine Wesensveränderung, wenn er erwachsen
wird. Wer nicht bereit ist, das mit seinem Hund zu erleben, der sollte besser auf das
Halten eines Hundes verzichten!
Nebenwirkungen einer Kastration
* Kastrierte Hunde entwickeln mehr Hunger und neigen daher zum Dickwerden.
* Das Risiko der Inkontinenz (Harnträufeln) ist nicht unerheblich.
* Das Fell kann sich verändern.
* Es kann auch zu Verhaltensänderungen kommen. Es gibt eine Studie, die besagt, dass
Hündinnen nach der Kastration vermehrt aggressiv oder ängstlich wurden.
Unsere Hunde brauchen sowohl für ihre körperliche Entwicklung als auch für die
Entwicklung ihrer Persönlichkeit ihre Hormone.
Hundebesitzer sollen sich vor so einer Entscheidung sehr gut informieren und nicht
denken, dass dadurch alle Probleme beseitigt werden.
Die Kastration ist eine Operation, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann!!!
Es kann auch nicht die Aufgabe eines Tierarztes sein, gesunde Organe zu entfernen um
Krankheiten vorzubeugen!